Wilbur wants to kill himself - Nie war Verzweiflung so saukomisch

Wer diesen Fim gesehen hat, kann sich erleichtert zurücklehnen und behaupten: alles wird gut. Denn sollte Überschauspieler Edward Norton versehentlich vor einen Bus laufen – in Jamie Sives hätte er einen würdigen Thronfolger. Sein Wilbur ist eine Reminiszenz an den schizoprehnen Norton aus Fight Club.

Wilbur wants to kill himself - Video, DVD online bestellen Wilbur ist jedoch eher suizidal denn schizophren. Vor allen Dingen der ältere Bruder Harbour leidet unter der Todessehnsucht seines einzigen verbliebenen Familienmitglieds, dessen Selbstmordversuche in ihrer Absurdität an die melancholische Hälfte des Duos Harold & Maude erinnern, aber todernst gemeint sind.

Dabei hätte die Geschichte, die sich die dänische Autorin und Regisseurin Lone Scherfig als Nachfolger ihres dogmatischen Abenteuerurlaubs Italienisch für Anfänger ausgesucht hat, leicht im zuckergussartigen Kitsch ersaufen können. Aber wie viele Independent-Filme lebt auch Wilbur wants to kill himself von den kleinen, kuriosen Ideen am Rande und den leisen Zwischentönen.

Da kann der arme Harbour (Adrian Rawlings) an unheilbarem Bauchspeicheldrüsenkrebs erkranken, oder der zynische Wilbur hinter seinem Rücken eine verschämte Affaire mit seiner frischgebackenen Schwägerin – als Harbours einzige Liebe holt die rehäugige Shirley Henderson dezent alles aus ihrer kleinen aber feinen Rolle heraus – beginnen, ohne das berechnende Sentimentalität oder Krokodilstränen von der Leinwand tropfen.

Gott sei Dank bietet die schlimmste Tragik auch das größte Potential für den bissigsten Humor. Diese Momente gebühren hier nun einmal dem noch unbekannten schottischen Mimen Jamie Sives.

Ob er als verbaler Kotzbrocken seine Mitleidenden aus der Suizidhilfegruppe zum Weinen bringt oder das erregte Ohrläppchengeknabber einer hoffnungslos verliebten Krankenschwester mit den Worten "Das ist ja ekelig. Du bist krank." beendet – niemand wird wollen, dass Wilbur es irgendwann schafft, sich umzubringen. So richtig eilig scheint er es damit auch nicht zu haben.

Wilbur begar selvmord – so der Original-Titel – hat den Titel zum Running Gag gemacht und dramatisiert eine bleischwere Familientragödie, die durch die Authentizität und Lebendigkeit ihrer Figuren federleicht wirkt.

Das Leben ist manchmal grausam und schrecklich gemein – aber wenigstens niemals langweilig.

Maxi Braun