Gothika wirkt nur auf den ersten Blick

Hektisch, hysterisch, Halle!
Gothika ist aus und Fred Durst jammert "Noone knows what it's like", die Lichter gehen an und draußen ist es düster. Der Asphalt der Fussgänger-Zone glänzt regennass und keine Menschenseele scheint unterwegs zu sein.

Nach fünf Metern drehe ich mich das erste Mal um. Niemand zu sehen, ich laufe schneller, Schritte hallen an den Hochhausfassaden wider und Wind bläst wie kalter Atem in meinen Nacken. Am Auto angekommen stochere ich hektisch im Schlüsselloch, kontrolliere den Rücksitz und verriegele sofort die Türen. Gothika ist erstmal gar nicht ohne.

Gothika - Video, DVD online bestellen Dabei ist der Plot nur auf den ersten Blick originell, Halle Berry mehr hysterisch denn überzeugend als Dr.Miranda Grey und ob Robert Downey Jr. gerade zufällig am Set rumlungerte oder tatsächlich engagiert wurde, kann wohl nur Mathieu Kassovitz beantworten.

Gothika ist nur stellenweise ein schaurig-schöner Albtraum.
Aber allein die Eröffnungssequenz, stilistisch ebenso wunderschön wie effizient, lohnt den Weg in die Kinos: Dr.Grey (Halle Berry) sitzt ihrer Patientin Cloe (Penelope Cruz) gegenüber. Ohne eine Miene zu verziehen, hört sie geduldig zu, wie diese von ihrer Vergewaltigung durch den Teufel erzählt. "Nee, is klar" sagt alles an Dr.Greys Gesicht, aber während sich die verwirrte Cloe in Rage redet, schwebt die Kamera abwechselnd von der einen zur anderen.

Nur symbolisch getrennt durch einen Stahlpfeiler, hinter dem der Zuschauer sitzt, lässt Kassovitz ganz weich und ohne Schnitte einen Raum für die immer größer werdende Kluft zwischen den Frauen entstehen.
Nahezu astrales Weißlicht fällt durch ein Fenster, bricht sich an den Gitterstäben und zerstäubt auf der elektrisierenden Spannung, die zwischen den Gesichtern knistert, bis Cloe explodiert.

Die zierliche Spanierin packt ihre Psychiaterin an den Handgelenken und nur für den Bruchteil einer Sekunde blitzt echte Angst in Berrys Augen auf – zu Recht, denn Cruz wird sie in jeder ihrer gemeinsamen Szenen an die Wand spielen.

Denn wer hätte gedacht, dass neben den klaustrophobischen, jedoch sehr bemüht atmosphärischen Bildern, die sichtbar die Angst vor dem Unsichtbaren schüren wollen, Penelope Cruz in ihren wenigen Auftritten eine Sensation zu sein vermag.

Wie zuvor Cameron Diaz in Being John Malkovich streift sie ihre oberflächliche Perfektion ab, bleibt die einzig glaubwürdige Figur und ist doch geheimnisvoll und undurchschaubar.

Gothika - Video, DVD online bestellen Das restliche Ensemble ist derweil damit beschäftigt, dem Showdown der Wahrheit entgegen zu jagen und lässt seine Charaktere dabei irgendwo am Wegrand stehen. Berrys Metamorphose von der Psychiaterin zur Psychopathin ist dabei so wenig nachvollziehbar wie das Vorhandensein von Robert Downeys Part insgesamt.

Laufen die Bilder aus Gothika noch einmal vor unserem inneren Auge ab, wissen wir noch, wo wir uns gefürchtet haben, nicht aber warum. Eigentlich wussten wir schon früh, worauf das alles hinaus laufen muss und waren nur nicht darauf gefasst, dass ein ohnehin konstruiert wirkendes Ende nicht logischer und mit einem subtileren Holzhammer inszeniert wurde.

Schön, dass Downey offenbar ohne Drogenskandal einen Film zu Ende gebracht hat und dass Halle Berrys Arm, den sie sich im Verlauf der Dreharbeiten gebrochen hat, so gut verheilt ist.

Ein Grund, in der Nacht das Licht brennen zu lassen oder sein Auto abzuriegeln, ist das aber nicht, denke ich mir, während ich die Zentralverriegelung wieder löse und beruhigt nach Hause fahre.

Maxi Braun

Gothika - offizielle US-Website

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