Blueberry und der Fluch der Dämonen

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Blueberry und der Fluch der Digitaleffekte

Das Western-Genre erlebt derzeit ein Revival wie schon seit Der mit dem Wolf tanzt nicht mehr. Costners Open Range wurde dabei fast von The Missing überholt und die Viggo Mortensen One Man-Show Hidalgo kann ebenso getrost als Neo-Western bezeichnet werden wie Once Upon a time in Mexico. Mit Blueberry wagen sich nun ein Franzose und ein Holländer in den Westernsattel. Ob das gut gehen kann?

Diese Frage stellt sich besonders angesichts der ersten Kollaboration des Duos Vincent Cassel / Jan Kounen. Dobermann war hart, laut und blutig.

Blueberry, der nicht mehr viel mit den Moebius-Comics gemein hat, auf denen er basiert, ist jedoch bis auf ein schwaches Ende eine schön bebilderte, rockige Pferdeoper geworden.

Blueberry und der Fluch der Dämonen - DVD online bestellen Diesmal hat Jan Kounen erneut seinen Dobermann-Buddie Vincent Cassel in den Sattel gehieft und einen psychedelischen Ausritt inszeniert, der harte Männer und weise Shamanen zu vereinen weiß.

Mike Blueberry (Cassel) erlebt als junger Mann, wie ein Gangster (herrlich verpeilt: Michael Madsen) seine erste Liebe erschießt. Er selbst kann schwerverletzt fliehen und wird von einem Indianerstamm aufgesammelt. Dort physisch aufgepäppelt, verdrängt er die grausige Vergangenheit.

Doch wenn er Jahre später in die Zivilisation zurückkehrt, um als Sherrif in einem kleinen Kaff mit dem Colt herum zu wedeln, wird sie ihn einholen. Blueberry ist kein Held, sondern ein Wrack, das an nichts mehr glaubt, nur noch funktioniert und seine Erinnerung erfolgreich mit Whiskey verwässert, bis Wallace Sebastian Blount (Michael Madsen) in die Stadt kommt.
"Animals are beasts, but men are monsters" ist dessen Maxime. Und wenn er schon ein Mensch ist, kann er auch das größte Monster von allen sein.

Blueberry hat in Wirklichkeit eigentlich nur zwei Stars: Vincent Cassel und die atemberaubende Landschaft Mexikos, in der neben Spanien und Frankreich hauptsächlich gedreht wurde. Cassel ist wie geboren für den Part des einsamen Wolfes. Als hätte er als kleiner Junge schon davon geträumt, stellt er stolz seinen Drei-Monats-Bart zur Schau und schiebt mehr als einmal seinen Stetson aus der sonnengegerbten Stirn, als hätte er nie etwas anderes getan - Yehaaa!

Um ihn herum drapiert Kameramann Tetsuo Nagata Mexiko als eine Art zweiten Protagonisten, überfliegt endlose Steppen und üppige Bergwälder in wechselnder Geschwindigkeit. Er führt uns in die heiligen Indianerhöhlen und an den Rand steiler Abgründe, beobachtet symbolträchtig am Himmel kreisende Adler, bis uns fast schwindelig wird.

Erst im letzten Drittel kippt die sorgsam aufgebaute Stimmung und wir erleben nur noch Fear and Loathing in Mexiko: Blueberry geht mittels Indianischer Zaubertränke auf Seelenwanderung und lässt uns in Gesellschaft endloser, digitaler Tausendfüßler verloren und seekrank zurück.

Das mag der Realität entsprechen, hat Jan Kounen doch echte Schamanen als Berater gewinnen können.

Dennoch löst das Ende des filmischen Drogen-Strips nur Schulterzucken aus und was bleibt, ist ein unbeteiligtes "Muss man wohl dabei gewesen sein", da alles ein wenig zu spirituell daher kommt.
Und immer wieder drängt sich das Bild auf, wie Cassel und Kounen gemeinsam in Birkenstocksandalen und Wollpullovern wie die Easy Rider auf ihren Tretrollern in den Sonnenuntergang tuckern.

Maxi Braun

Blueberry und der Fluch der Dämonen
Frankreich 2004, 124 Minuten
Regie: Jan Kounen
Darsteller: Vincent Cassel, Juliette Lewis, Michael Madsen, Ernest Borgnine u.a.
Kinostart: 1.Juli 2004

Englische Seite zum Künstler Moebius alias Jean Gireaud