Laurel Canyon - Flucht nach vorn

Laurel Canyon, das ist der Name eines malerischen Bergdörfchens, unweit der heiligen Hügel Hollywoods. Wo die Häuser noch hip und die Pools wohl temperiert sind. Ein paradiesischer Ort, wo Alex und Sam, ein adrettes Ärztepaar, auf Sams lebensfrohe Mutter Jane trifft und zwei Welten aufeinander prallen.

Die eine Welt ist die des verlorenen Sohnes, der wie so häufig versucht, bloß nicht wie seine promiskuitive Mutter zu werden. Eine geregelte Welt, ohne Überraschungen und körperlich wie mental sicher.

Laurel Canyon von Lisa Cholodenko u.a. mit Frances McDormand, Christian Bale - Film, DVD, Video - online bestellen Die wunderbare Frances McDormand ist als Jane das Zentrum, um die ein anderes Universum zu rotieren scheint. Im hauseigenen Studio der Musikproduzentin werden Platten berühmter Stars und heißer Newcomer aufgenommen, da wird Pott gequalmt und der charismatische Leadsänger vernascht. Was passiert, wenn sich zwei so unterschiedliche Lebensmodelle kreuzen, davon erzählt Laurel Canyon.

Sam (Christian Bale ist nicht länger der Axt schwingende American Psycho) flüchtet sich in die Arbeit und die Arme der Israelischen Assistenzärztin Sara (Natascha McElhone, gewohnt elegisch mit unnahbarer Aura), während Alex, wie ein scheues Rehkitz von der fragilen Kate Beckinsale verkörpert, die Pforte in Janes wundersames Leben findet wie einst Alice auf der Suche nach dem weißen Kaninchen. Ihre Dissertation über das merkwürdige Verhalten geschlechtreifer Fruchtfliegen zur Paarungszeit ist schnell vergessen.

Viel interessanter ist es, von den verbotenen Früchten zu kosten, die so süß schmecken, aber äußerst giftig sein können.

Regisseurin Lisa Cholodenko, selbst in L.A. aufgewachsen, skizziert das Leben der Reichen und Schönen im Dunstkreis Hollywoods endlich einmal ohne die gängigen Promi/Yuppie-Klischees. Vielmehr konzentriert sie sich auf eine ausführliche Figurenzeichnung.

Laurel Canyon Soundtrack - online bestellen Sams Mutter ist mehr als eine Frau in den Vierzigern, die noch immer jedes Jahr nach Woodstock pilgert und sich verzweifelt fragt, wo bloß alle hin sind. Sie hat sich nicht für ein bestimmtes, sondern für das Leben an sich entschieden.
Als Sam und Alex bei ihr auftauchen, ist sie frisch verliebt in einen jungen Musiker - ein Besetzungscoup, musikalisch wie schauspielerisch, ist hier Alessandro Nivola als Ian.

Nivola, einst Nicolas Cages kleiner, fieser Bruder Pollux Troy in Face/Off, liefert mehr als das Abziehbild eines Rockstars. Er ist verführerisch, ohne wahllos zu sein, rebellisch, aber mit Verantwortungsbewusstsein. Die schönsten Momente in Laurel Canyon sind so auch solche zwischen Ian und Jane. Wenn er ihr auf seiner Gitarre ein Liebeslied vorspielt, Situation und Altersunterschied nicht mehr zählen und sich die ganze Welt mit ihnen in einem winzigen Raum zu befinden scheint.

Fargo u.a. mit Frances McDormand - Film, DVD, Video - online bestellen Auch Alex bleibt diese Anziehungskraft nicht verborgen. Schleichend und wie von einer magischen Kraft angelockt wird sie in Janes Leben gesogen, eine Menage à trois nimmt ihren Lauf und wieder ist es Frances McDormand (Fargo), die mit kleinen Blicken und kaum merklichen Nuancen die Ängste und Gewissensbisse einer Mutter offenbart, die endlich an ihre moralischen Grenzen stößt.

So archetypisch die Personen auf den ersten Blick scheinen, so lebendig werden sie durch die ausnahmslos fantastischen Leistungen ihrer Darsteller. In jeder anderen Geschichte wäre Jane die bindungsscheue Nymphomanin, während sie dem Zuschauer hier eine weit plausiblere Botschaft bietet:
Liebe kann plötzlich aus dem Nichts entstehen und zerbricht meistens. Aber in der Zwischenzeit, liebe! und fürchte dich nicht davor, dich im anderen zu verlieren.

Wenn sich die Hasch-Schwaden schließlich verzogen haben, hat sich, wie im wirklichen Leben üblich, keiner der Protagonisten merklich verändert. Alex erkennt ihr Interesse an Ian als Neugierde am Unbekannten, die nichts mit ihrer Beziehung zu Sam zu tun hat. Jane erlebt die Art von Erleichterung, die man spürt, wenn selbstgesetzte Grenzen einen halten und nicht einfach überschritten werden können.

Und Sam?
Cholodenko, die neben dem Original-Script zu Laurel Canyon schon eine Episode für die makabere Serie Six Feet Under inszenierte, ist es zu verdanken, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, welchen Weg Sam in Zukunft gehen wird.

Ein kleiner Filme über die großen Fragen.
Ein Plädoyer für das Leben und den Mut, die gleichen Fehler mehrmals zu begehen, anstatt vor lauter Angst den Kopf gar nicht mehr aus dem Sand zu ziehen.

Maxi Braun

Offizielle, leider relativ magere US-Website mit Interviews, Soundtrack-Listing und Trailern.
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