Jargo von Maria Solrun - guter deutscher Jugend-Film

Jargo (Constantin von Jascheroff) ist ein aus Deutschland stammender 15jähriger Jugendlicher, der allerdings in Saudi-Arabien aufwuchs. Sein trinkender Vater scheiterte dort und sprang in den Tod, danach kehrt Jargo zurück nach Deutschland und lebt fortan in einer im Vergleich zum bisherigen Umfeld trostlosen Berliner Plattenbausiedlung.

Seinen von Udo Kier (!) dargestellten Vater sieht man aber zum Glück noch häufiger im Verlauf des Films, wenn der in teils absurden Situationen in Gedanken bei ihm ist. Der hat ihm immer wieder und sogar gleich auf drei Sprachen eingetrichtert: "mit 16 mußt Du ein Mann geworden sein". Und auch dessen andere Tipps sind kaum konstruktiver.

Jargo - DVD online bestellen Jargo freundet sich in der Schule schnell mit dem etwas älteren kleinkriminellen Türken Kamil an (super gespielt von Oktay Özdemir), der mit ihm einen "großen Coup" durchziehen möchte - auf das Geld von philippinischen Zigaretten-Schmugglern aus der Nachbarschaft haben sie es abgesehen! Oh je.

Doch zunächst erlebt man, wie sich Jargo ziemlich schnell an die hiesigen Umgangsformen anpassen möchte, denn mit der ihm gewohnten, eigentlich sehr symphatischen Natürlichkeit trifft er auf wenig Gegenliebe in der von recht aufgesetzter Coolness und Unehrlichkeit durchdrungenen neuen Heimat im kühlen Deutschland.

Die von Regisseurin Maria Solrun Sigurdardottir mehrfach eingebaute Assoziation eines niedlichen, weißen Kaninchens wäre m.E. gar nicht notwendig gewesen, da der Kontrast des Sozialverhaltens beider Kulturen schon ziemlich offensichtlich ist.

Unglücklicherweise ist Kamil dennoch für Jargo ein Vorbild bei seiner Anpassung, dem er schleunigst nacheifert. Ist dies womöglich der Freund, "der einem die Popel aus der Nase ziehen kann", was sein Vater ihm desweiteren immer nahegelegt hat? Kamil hat nämlich schon eine "Frau" sicher, einen BMW und weiß scheinbar auch ansonsten, wo es lang geht.

Dessen affektierte Freundin Mona, die sehr überzeugend von Nora von Waldstätten dargestellt wird, ist allerdings nur angeblich auf Entzug und Kamils Treue-Trip. Das wird spätestens klar, nachdem sie Jargo an seinem 16ten Geburtstag auf einem Outdoor-Magic-Rave wunderschön in grell bunten Farben verführt.
Schon bald wird klar, daß dieser Verlust der Unschuld leider nicht ohne Konsequenzen für unseren Protagonisten sein wird, der einem mit seiner gerechtfertigten Verständnislosigkeit leid tut ("Muss das wirklich sein?").

Obwohl schon etwas älteren Semesters machte es mir wirklich Spaß, diesem Film von Maria Solrun zu folgen. Gerade weil die Regie es geschafft hat, natürlich ernst zu nehmende, aber eben zur Jugend dazu gehörende Themen in entsprechend verspielter Form darzustellen. Weil das erwachsen (werden) eben (hier) so ist. Daß man erst mit Erfahrung erkennt, wer wirklich ein Freund ist und als Zuschauer vielleicht sogar in Frage stellt, ob das alles so richtig ist, wie es in den westlichen, kapitalistisch fortgeschrittenen Ländern - zumeist - zwischenmenschlich läuft.

Mit den vielen Haken, die Jargo schlägt, beispielsweise mit einem Running Gag und den teils witzigen Auftritten von Udo Kier, wird trotz der nicht unbedingt bemerkenswerten Story eine hohe Dichte erzeugt. Ich finde, absolut sehenswert.

amazon: Jargo DVD