Jogo Subterraneo / Spiel in der U-Bahn / Underground Game

Jogo Subterraneo / Spiel in der U-Bahn Eine brasilianische U-Bahn. Ein Mann. Eine Frau. Er bemerkt sie, ihr Gesicht, ihre Lippen, die Art, wie sie ihren Blick senkt. Sie muss es sein. Er folgt ihr in die Anonymität der urbanen Unterwelt, durch das Labyrinth von Rolltreppen und Ticketautomaten, er darf sie nicht verlieren. Dann nimmt sie die falsche Abzweigung und er lässt sie in der Masse von Pendlern verschwinden.

Martin (Felipe Carmago) hat sich dem Schicksal anvertraut. Jeden Tag spielt er das oben beschriebene Spiel, um die eine, große Liebe zu finden, die das Leben für immer verändern könnte. Die Regeln sind einfach. Er überlegt sich eine Route, von der er nicht abweichen darf und wird einer Frau folgen, solange sie exakt die magischen Pfade wählt, die er zuvor für sich selbst konzipiert hat.

Gelegentlich gönnt er sich einen Abstecher vom Wegesrand, jedoch immer in dem Bewusstsein, nur mit einer Frau zu schlafen, die das Schicksal nicht für ihn vorgesehen hat. Allesamt Intermezzi, bevor Martin dem Schicksal am nächsten Tag eine neue Chance geben wird. Doch Regeln sind bekanntlich da, um gebrochen zu werden und eine Romanze mit der geheimnisvollen Ana (Maria Luisa Mendonca) nimmt den Lauf der Dinge selbst in die Hand, ohne sich an irgendeinen Plan zu halten oder Regeln zu befolgen. Weder die der Vernunft, noch der Logik. Martin wird die Kontrolle über sein Leben entrissen, welches fortan unvorhersehbar, rasant und destruktiv verläuft.

Jogo Subterraneo spielt mit der Frage nach Zufall und Vorhersehung, immer wieder verbal aufgegriffen in den Diskussionen, die der Suchende mit einer blinden Freundin führt, die wie eine paradoxe Kassandra seine Gedanken liest und als einzige die unvermeidbare Zukunft zu kennen scheint, ohne diese aufhalten zu können. Dabei wirkt der Protagonist wie ein moderner Casanova, der nicht die Liebe, sondern die Suche nach ihr liebt.

Die auf einer Kurzgeschichte des argentinischen Schriftstellers Julio Cortázar basierende Jagd, die sich wie ein Wirbelsturm um die im Zentrum stehende amour fou entfesselt, inszeniert Regisseur Roberto Gervitz kontrastierend zum Sog der Ereignisse mit stoischer Ruhe. Der Sturm entfacht sich vielmehr in unseren Phantasien und Sehnsüchten und am Ende steht die Frage, ob es sich mit der Liebe ebenso wie mit Wundern verhält. Um sie wahrnehmen zu können, müssen wir zuerst an sie glauben. Vielleicht wie an das Einhorn, in dem wir nach zu vielen Enttäuschungen nur noch die weiße Stute zu sehen vermögen.

Maxi Braun

Jogo Subterraneo / Spiel in der U-Bahn
(2006)
Brasilien
Regie: Roberto Gervitz
Website: http://www.filmes.net/jogosubterraneo/
imdb Info: http://www.imdb.com/title/tt0431169/