Miffo - Frisch getraut ist halb geschieden

Filmfestival Mannheim-Heidelberg im Rückblick - mein Favorit: Miffo (2003).
Ja, ABBA und IKEA sind nicht die einzigen Exportschlager aus dem Land des Knäckebrots. Typisch für alle Skandinavischen Filme ist auch in dieser Schwedischen Komödie der trockene, böse Humor. Miffo, zu Deutsch "Freaks", ist dabei ein wenig massenkompatibler als die Pointen Ari Kaurismäkis (Mitbegründer des 1986 ins Leben gerufenen Midnight Sun Filmfestivals), bei dem wirklich nur die lakonischsten Gemüter auf ihre Kosten kommen. Dennoch ist Miffo keinesfalls seicht.

Gerade hat Nachwuchspfarrer Tobias Carling (Jonas Karlsson ist nach Jamie "Wilbur" Sives ein weiterer Mime mit Thronfolger-Potenzial für Ed Norton) Carola nach ihrer ersten Begegnung nach Hause gebracht.

Er läuft in die Dunkelheit hinaus, lächelt. Im Hintergrund beginnt Bonnie Tylers "It's a Heartache" anzuschwellen. Je lauter es wird, desto breiter wird sein Grinsen. Er wird schneller und rennt über ein in Flutlicht getauchtes Fußballfeld.
Von rechts kommt ihm eine Gestalt entgegen. Bonnie könnte nicht lauter sein, selbst wenn sie mit einem Verstärker auf einer Wolke hocken würde, als sich Tobias und Carola in der Mitte des Platzes treffen. Wir sind ganz nah bei ihnen, als Carola aus ihrem Rollstuhl aufsteht und ihn so kraftvoll wegschiebt, als wollte sie ihn vom Rand der Welt fallen lassen und sie sagt: "I fooled them all" bevor sie sich küssen. Doch alles ist nur ein Traum, der die Grundproblematik von Miffo auf den Punkt bringt:
Tobias liebt Carola, kommt aber mit ihrer Behinderung nicht zurecht. Daß sie außerdem raucht und trinkt wie ein Loch und flucht wie ein vulgärer Rohrspatz, ist dem Sohn aus gutem Hause auch keine Hilfe.

Zu Recht erinnert Miffo enfernt an das charmante Regiedebut Keeping the Faith von Edward Norton. Aber wo in New York Neurosen und harmloser Witz schon eine Romanze ergeben, ist Miffo schwärzer, ernster und dabei irgendwie viel lustiger. Als romantische Komödie kommt auch Miffo nicht daran vorbei, dass sich die füreinander Bestimmten immer wieder verlieren müssen, bevor sie sich am Ende finden.

Aber Autorin Malin Lagerlöf hat kein Erbarmen mit ihren Figuren, lässt den smarten Tobias durch die Hölle der Fettnäpfchen waten, bis er nach einem irrwitzigen Parcours aus Peinlichkeiten am Ende in seiner Robe vor Carola steht und sie mit ihrem prolligen Ex-Freund vermählen soll.

Jonas Karlsson ist eine Pretty Woman-Persiflage, aber wo sie längst aufgegeben hätte, legt er erst richtig los.
Livia Millhagen, an die ich mich auch im echten Leben als eine der sympathischsten Gäste in Mannheim erinnere, lässt ihre Carola gleichzeitig derart von innen strahlen, dass alle Zweifel verblassen.
Daniel Lind Lagerlöf inszeniert mit viel Gefühl fürs Komödien-Timing und Kameramann Olof Johnsson verleiht Miffo mit seiner dynamischen Bildsprache und den vielen Aufnahmen aus omnipotenter Perspektive einen göttlichen Touch - Bruce Almighty kann nach Hause gehen!

Miffo ist so optimistisch wie Carola, so komisch wie Jonas Karlsson aber gleichzeitig herrlich respektlos.
In der Welt, in der Miffo spielt, würde Julia Roberts weiter als Prostiuierte arbeiten, statt einfach so zur Prinzessin zu mutieren. Und sie hätte Spaß dabei!

Maxi Braun

imdb Info: http://www.imdb.com/title/tt0342771/