Brokeback Mountain - Heath Ledger, Jake Gyllenhaal

Brokeback Mountain - Ein fiktiver Ort, an dem doch jeder von uns schon einmal gewesen ist

Brokeback Mountain - DVD online bestellen Die Geschichte von Ennis Del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal) beginnt nicht in den malerischen Weiten der amerikanischen Wildnis, sondern auf einem öden, staubigen Parkplatz vor der Baracke eines ausbeuterischen Viehtreibers im Jahr 1963.
Dort lernen sich die beiden Cowboys kennen und ziehen gemeinsam in die Wildnis des fiktiven Brokeback Mountain, um Schafe zu hüten und ihrem Leben eine Wendung zu geben, mit der keiner von beiden gerechnet hat.

Der erste sexuelle Akt ist nichts anderes als bloße Triebbefriedigung und Ausdruck des zutiefst menschlichen Bedürfnis nach Nähe, welches beide in der Einsamkeit verbindet. Im Grunde ist es nichts anderes als Masturbation zu zweit und doch Ausgangspunkt für eine Lawine anderer Gefühle, die beide überrollen wird.

Nachdem sich ihre Wege nach diesem einen Sommer trennen, versuchen beide, sich in ein gutbürgerliches Leben zu fügen. Sie heiraten, werden zu Familienvätern und doch quält beide die Erinnerung, dieses sichere Gefühl, dass da draußen noch etwas viel Intensiveres wartet als das, womit sie sich zufrieden geben.

Erst nach Jahren treffen Ennis und Jack wieder aufeinander und die Wucht, die diesem Wiedersehen innewohnt, muss früher oder später alle anderen Beziehungen ihrer Umgebung zerreißen. Im Verlauf der folgenden 20 Jahre fliehen sie wann immer es möglich ist aus der Fassade ihres Lebens, um ihr Refugium am Brokeback Mountain aufzusuchen. Diese seltenen Treffen sind Oasen mitten in der Wüste eines Lebens, das sie selbst gewählt haben und aus dem es kein Entkommen gibt.

Brokeback Mountain - Soundtrack - online bestellen Dennoch schleicht sich eine vergiftete Routine aus enttäuschten Hoffnungen und zerplatzten Träumen ein. Heath Ledger spielt seinen Ennis mit solch stoischer Kälte, dass man ihn mit Gewalt zu seinem Glück zwingen möchte, während Jake Gyllenhaal hingegen das Portrait des ungleich emotionaleren Jack zeichnet. Ein unverbesserlicher Optimist, der bis zuletzt glaubt, dass alles gut werden kann. Im Lauf der Jahre bekommen beide graue Schläfen, setzen Fett und Falten an, aber nur in Jacks blauen Augen können wir all die Sehnsüchte und utopischen Träume bersten sehen, an denen nicht nur er letztlich zerbrechen wird.

So thematisiert Brokeback Mountain Homosexualität eigentlich nur am Rande und erzählt eine denkbar konventionelle Liebesgeschichte. Reicht es aus, den einen Menschen, den man über alles liebt, in physisch greifbarer Nähe zu wissen, auch wenn dieser die eigenen Gefühle nicht erwidert? Oder ist es erträglicher, die Seele des anderen im Herzen zu tragen, wenn dafür tausend Meilen und eine ganze Schlucht unüberwindlicher, gesellschaftlicher Abgründe dazwischen klaffen?

Regisseur Ang Lee vermeidet bewusst, diese Fragen, die die Menschheit schon immer an die Liebe gestellt hat, zu beantworten. Er wäre nicht für Der Eissturm oder Eat Drink Man Woman verantwortlich, würde er den philosophischen Rätseln nicht ebenso viel Aufmerksamkeit widmen wie den kleinen Dingen des Beziehungsalltags.

Jack und Ennis trennen nicht nur Vorurteile und Intoleranz einer ganzen Gesellschaft. Vielmehr stehen sie sich selbst im Weg, was u.a. daran deutlich wird, dass auch Ennis Beziehungen zu Frauen immer wieder an seiner sturen Verschlossenheit scheitern.

Was sie trennt, ist die Unterschiedlichkeit menschlicher Gefühle, die doch nie völlig kongruent zu sein scheinen. Die Unfähigkeit des einen, seine Gefühle zu artikulieren und das Festhalten des anderen an einer gemeinsamen Zukunft, die es nie geben kann. Die offene Wut und die tief verschlossene Trauer. Die grenzenlose Liebe ohne Worte und das traurige Klammern an längt verlorene Illusionen stehen bei Ang Lee nur vordergründig provokativstem Film im Mittelpunkt.

Brokeback Mountain - Buch (Geschichten aus Wyoming) - Kurzgeschichten - online bestellen Bereits vor gut 150 Jahren stellte der amerikanische Poet und Philosoph Henry David Thoreau fest, dass viele Menschen ein Leben in stiller Verzweiflung führen. Wenn Ang Lee mit Brokeback Mountain auch nicht die Welt verändern wird, so stellt er doch die einzig wichtige Frage darauf: Muss das wirklich sein?
Und diese Frage richtet sich nicht nur an den toten Dichter, sondern an all die Intoleranten und Bigotten, die noch immer nicht verstanden haben, dass man sich in den Menschen und nicht in Hautfarbe, Religion, Alter oder eben das Geschlecht verliebt.

Der titelgebende Brokeback Mountain ist somit ein Ort, den es nicht gibt und an dem trotzdem jeder von uns schon einmal gewesen ist. Die Geschichte von Ennis und Jack ist weiter ein Exempel dafür, dass die Liebe gleichzeitig das wunderschönste, aber auch das schmerzvollste aller Gefühle in uns ist und uns zerstören kann, wenn wir sie in den dunkelsten Winkeln unseres Herzens verstecken müssen.
Gerade wegen dieser Schlichtheit ist Brokeback Mountain vor allen Dingen ein tragisches Plädoyer für die Liebe an sich.

Maxi Braun

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