Australiens Filmindustrie liegt wie das Land selbst ein wenig abseits des internationalen Fokus. Spontan fallen Muriels Hochzeit oder Priscilla – Königin der Wüste ein.
Wer glaubt, bei all den schönen Stränden, sonnigen Temperaturen und ursprünglichen Naturlandschaften sei kein Platz für harten Horror-Stoff, der irrt.
Horror-technisch denkt man zwar eher an den kleinen Nachbarn Neuseeland und Peter Jacksons junge Jahre (Braindead, Meet the Feebles).
Dabei exportieren die Aussies konsequent seit Dekaden kleine Juwelen. Neben den skurrilen The Cars that ate Paris, Body Melt oder Undead, Öko-Horror à la Long Weekend und Razorback, haben sie dabei ein Genre für sich entdeckt und revolutioniert: Den Torture-Porn, oder liebevoll Gorno tituliert, als subtiler Mix aus Gore und Porno. Klassiker des Genres wie Saw oder Wolf Creek sollten jedem Horrorfan ein Begriff sein.
In letztere Kategorie fällt auch der neueste australische Beef Tartar, The Loved Ones. Geschrieben, produziert und umgesetzt von Sean Byrne.
Brent (leidend: Xavier Samuel) findet seit dem durch ihn verschuldeten Tod seines Vaters nur noch Trost in seiner Freundin Holly (liebend: Victoria Thaine).
Der melancholische Beau hat aber auch noch eine weitere Verehrerin, das Mauerblümchen Lola (wahnsinnig irre: Robin McLeavy), deren Avancen bezüglich des anstehenden Schulballes er aber abweist. Vatis kleine Prinzessin kann aber mit Zurückweisung nicht sehr gut umgehen, so dass dieser doch noch mit den richtigen Argumenten (Chloroform) eine Lösung findet. Brent erwartet ein kleiner, intimer Prom-Ball, den er sein Leben lang nicht vergessen wird - falls er überlebt.
Dass Liebe schmerzen kann, ist ja bekannt, aber Byrnes Umgang mit dieser Metapher verschlägt einem doch den Atem. Unter der glitzernden heimischen Diskokugel, mit Papa und der lobotomierten Mama als Anstandswauwau, begleitet von überkitschigen Popstücken und einer mächtig bösen Kreativität entpuppt sich die graue Lola als pinkfarbener Albtraum.
Ob Gabeln, Messer, Spritzen, Bohrer oder selbst der farbenfrohe Glitzer, die verzogene Göre zeigt uns fantasievoll neue Wege im Umgang mit Liebeskummer auf. Das ist reichlich böse, aber irgendwie auch "zum Schreien" komisch.
Allein durch den dezenten Tausch des bekannten Täter-Opfer-Modells, die liebevoll groteske Gestaltung des romantischen Disko-Schlachthofes und die Absurdität des sich entfalteten Dramas weiß man nicht, ob man bei den sehr unmädchenhaften Tüfteleien der Teenie-Metzgerin lachen oder angeekelt wegschauen soll.
McLeavy spielt ihre Rolle so souverän fanatisch, dass ich ihr wünsche, dass künftige Verehrer sich diesen Film erst nach dem ersten Date mit ihr anschauen. Der Film ist jedem Gorehound, der sein blutiges Filmsteak am liebsten schwarzhumorig gepfeffert mag, wärmstens zu empfehlen.
Einzig einige Plot-Löcher bezüglich der Nebencharakterentwicklungen stören die Schlachtplatte und hinterlassen leicht schlampige Spuren auf Byrnes Erstling. Nichtsdestotrotz ein strahlend rosarotes Licht am Ende der ansonsten männerdominierten Schlachtbank.
Wohl bekomm's!
Angelos Botsaris
06.09.2010
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imdb Info: The loved Ones
Offizielle Homepage: http://www.thelovedonesmovie.com